Quiet Firing fühlt sich nicht gut an. Woran du erkennst ob du betroffen bist: Du betrittst das Büro, hängst deine Jacke an den Haken und setzt dich mit deinem Kaffee an den Schreibtisch. Eigentlich magst du deine Arbeit – die Projekte sind spannend, das Team ist nett. Doch seit ein paar Wochen fühlt sich alles anders an. Dein Kalender ist leerer geworden, Aufgaben werden plötzlich an andere verteilt, und dein Chef, der dich früher regelmäßig gelobt hat, wirkt auf einmal distanziert. Kein Feedback, keine Weiterentwicklung, kein Gespräch. Stattdessen herrscht eisiges Schweigen. Du fragst dich: „Will man mich hier überhaupt noch haben?“
Wenn dir dieses Szenario bekannt vorkommt, bist du vielleicht Opfer von Quiet Firing – einer leisen, aber extrem unangenehmen Strategie, bei der Vorgesetzte ihre Mitarbeitenden durch Ignoranz, Entzug von Aufgaben und fehlende Entwicklungsmöglichkeiten so sehr zermürben, dass sie irgendwann selbst kündigen.
Was bedeutet Quiet Firing?
Quiet Firing ist die „stille Kündigung“ durch den Arbeitgeber. Anstatt offen auszusprechen, dass man die Zusammenarbeit beenden möchte, wird Druck subtil aufgebaut. Mitarbeitende werden ausgebremst, isoliert oder ignoriert – bis sie selbst das Handtuch werfen.
Typische Anzeichen sind:
- Aufgabenbereiche werden verkleinert oder entzogen.
- Weiterbildungsmöglichkeiten bleiben aus.
- Anerkennung und Wertschätzung fehlen komplett.
- Beförderungen gehen konsequent an dir vorbei.
- Kommunikation wird auf ein Minimum reduziert.
Es ist sozusagen die Passiv-Variante der Kündigung, nur dass die Entscheidung am Ende bei dir liegen soll.
Warum setzen Chefs auf Quiet Firing?
In vielen Fällen liegt der Grund nicht einmal in deiner Leistung, sondern in Strukturen, die für dich unsichtbar sind:
- Kündigungsschutz umgehen: In Deutschland ist es schwer, Mitarbeitende ohne triftigen Grund zu entlassen. Quiet Firing soll dich dazu bringen, von selbst zu gehen.
- Kosten sparen: Keine Abfindung, kein Risiko, vor dem Arbeitsgericht zu verlieren.
- Konflikte vermeiden: Manche Führungskräfte scheuen offene Gespräche. Statt die Probleme anzusprechen, drücken sie sich davor.
- Machtspielchen: Leider gibt es auch Chefs, die glauben, durch Ignoranz ihre Autorität zu beweisen.
Wie erkennst du Quiet Firing?
Nicht jeder schwierige Arbeitstag ist gleich ein Fall von Quiet Firing. Es gibt jedoch deutliche Signale, die sich mit der Zeit häufen:
- Weniger Verantwortung: Wichtige Projekte werden ohne Begründung entzogen.
- Isolation: Du wirst nicht mehr zu Meetings eingeladen.
- Schweigen statt Feedback: Kritik oder Lob? Fehlanzeige.
- Keine Entwicklung: Du wirst von Weiterbildungen ausgeschlossen.
- Blockierte Karriere: Beförderungen landen bei anderen, auch wenn du fachlich geeignet wärst.
- Kühle Kommunikation: Mails bleiben unbeantwortet, Gespräche werden abgebrochen.
Wenn mehrere dieser Punkte über längere Zeit zusammenkommen, solltest du hellhörig werden.
Was kannst du tun, wenn du betroffen bist?
1. Selbstreflexion
Zuerst solltest du prüfen, ob es wirklich an dir liegt oder ob äußere Umstände eine Rolle spielen. Stehen vielleicht gerade Umstrukturierungen an? Gibt es wirtschaftliche Probleme im Unternehmen?
2. Dokumentation
Halte Vorfälle schriftlich fest: Wann wurde dir eine Aufgabe entzogen? Welche Meetings fanden ohne dich statt? Wer hat dich übergangen? Solche Notizen sind Gold wert, wenn du Gespräche führst oder rechtliche Schritte erwägst.
3. Gespräch suchen
Auch wenn es schwerfällt: Sprich deine Vorgesetzten direkt an. Nutze dabei Ich-Botschaften. Statt Vorwürfen also lieber: „Mir ist aufgefallen, dass ich seit einigen Wochen keine Projekte mehr leite. Gibt es dafür einen Grund?“
4. Unterstützung suchen
Sprich mit Kolleg:innen, der HR-Abteilung oder dem Betriebsrat. Vielleicht bist du nicht die einzige Person, die so behandelt wird. Gemeinsam ist man stärker.
5. Grenzen ziehen
Manchmal bringt ein Gespräch keine Verbesserung. Dann ist es wichtig, deine eigenen Grenzen zu wahren. Deine Gesundheit und dein Selbstwertgefühl sollten nicht unter einem toxischen Führungsstil leiden.
6. Rechtliche Möglichkeiten
Wenn du dich in eine Ecke gedrängt fühlst, kann ein Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen, ob hier ein Fall von konstruktiver Kündigung vorliegt – also eine Situation, in der du durch das Verhalten deines Arbeitgebers praktisch gezwungen wirst, selbst zu kündigen.
Praxis-Tipps, um stark zu bleiben
- Netzwerk aufbauen: Pflege Kontakte zu ehemaligen Kolleg:innen, Mentor:innen oder in Fachgruppen. So hast du im Notfall Optionen.
- Weiterbildung nutzen: Investiere in deine Skills, auch wenn der Arbeitgeber dich nicht unterstützt. Online-Kurse oder Zertifikate machen dich unabhängiger.
- Selbstbewusstsein stärken: Lass dir nicht einreden, dass dein Wert von deinem Chef abhängt.
- Bewerbungen schreiben: Auch wenn du dich noch nicht entscheiden willst: Es schadet nie, die Fühler auszustrecken.
Fazit: Quiet Firing ist ein toxisches Spiel
1. Ein schleichender Prozess mit klaren Folgen
Quiet Firing passiert selten von heute auf morgen. Es ist ein Prozess, der langsam beginnt, dich aber langfristig psychisch stark belasten kann. Wenn du das Gefühl hast, überflüssig gemacht zu werden, ist das nicht Einbildung – es kann ein bewusstes Signal sein.
2. Deine Handlungsoptionen sind vielfältig
Du musst dich nicht einfach ergeben. Gespräche, Dokumentationen, HR oder rechtliche Beratung sind konkrete Hebel, die du nutzen kannst. Je früher du aktiv wirst, desto größer ist deine Chance, die Situation zu verbessern – oder zumindest einen sauberen Ausstieg zu gestalten.
3. Die eigene Gesundheit hat Vorrang
Am Ende ist kein Job es wert, dass du dich klein und wertlos fühlst. Wenn Quiet Firing über längere Zeit anhält, solltest du den Mut haben, Konsequenzen zu ziehen. Ein Arbeitsplatz ist kein Ort, an dem du ausgebremst werden sollst – sondern einer, an dem du wachsen kannst. Und wenn dein aktuelles Unternehmen dir das nicht ermöglicht, gibt es garantiert ein anderes, das deine Energie und dein Talent zu schätzen weiß.
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