Dieser Artikel zeigt, was digitale Barrierefreiheit bedeutet, welche gesetzlichen Anforderungen Unternehmen beachten müssen und wie sie von barrierefreien Angeboten profitieren können.
Was bedeutet digitale Barrierefreiheit?
Digitale Barrierefreiheit beschreibt die Gestaltung von digitalen Produkten und Dienstleistungen, sodass sie für alle Menschen zugänglich sind. Dazu zählen beispielsweise:
- Websites und mobile Apps
- Selbstbedienungsterminals
- eBooks und digitale Endgeräte
- E-Commerce-Plattformen
- Bank- und Verkehrsdienstleistungen
Gestaltungselemente der Barrierefreiheit
Digitale Barrierefreiheit umfasst zwei Dimensionen:
- Visuelle Gestaltung
- Hohe Kontraste zwischen Text und Hintergrund.
- Gut lesbare Schriftarten und große Bedienelemente.
- Funktionalität
- Texte mit Alternativbeschreibungen (Alt-Tags) für Bilder.
- Strukturierte Inhalte für Vorlesesoftware.
- Bedienbarkeit über Tastatur oder andere Hilfsmittel.
Ein weit verbreiteter Irrtum: Eine barrierefreie Website ist keine „Spezialversion“ für Menschen mit Behinderung. Vielmehr verbessert sie die allgemeine Nutzererfahrung (Usability) für alle – beispielsweise durch intuitive Navigation und klare Informationen.
Warum Barrierefreiheit wichtig ist
Unverzichtbar für Menschen mit Behinderung: Ohne barrierefreie digitale Angebote bleibt vielen Menschen mit Behinderung die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verwehrt. In Deutschland leben rund 10 Millionen Menschen mit einer anerkannten Behinderung – eine große Zielgruppe, die Unternehmen nicht ignorieren sollten.
Hilfreich für temporäre Einschränkungen: Auch vorübergehende Einschränkungen, wie ein gebrochener Arm, machen digitale Barrierefreiheit relevant. Ein Beispiel: Große Klickflächen erleichtern die Bedienung für alle, die keine präzisen Bewegungen ausführen können.
Nützlich bei situationsbedingten Einschränkungen: Situationen wie das Halten eines Kindes oder das Arbeiten in einer lauten Umgebung zeigen ebenfalls, wie Barrierefreiheit den Alltag erleichtert. Untertitel oder einfache Strukturen helfen Nutzern, Inhalte auch unter erschwerten Bedingungen zu konsumieren.
Mehr Komfort für alle Nutzer: Barrierefreie Websites bieten einen klaren Mehrwert für alle Nutzer: intuitive Bedienbarkeit, gut strukturierte Inhalte und hohe Benutzerfreundlichkeit sorgen für eine bessere User Experience (UX). Das erhöht die Verweildauer und Conversion-Rate – ein klarer Vorteil für Unternehmen.
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Gesetzliche Rahmenbedingungen: Der European Accessibility Act
Mit dem European Accessibility Act (EAA) hat die Europäische Union einen Meilenstein für die digitale Barrierefreiheit gesetzt.
Was regelt der EAA?
Der EAA legt europaweit einheitliche Anforderungen für die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen fest. Er gilt für:
- Digitale Endgeräte wie Smartphones, Tablets und Geldautomaten.
- Websites und mobile Anwendungen von Unternehmen und Behörden.
- Online-Handelsplattformen und eBooks.
- Bank- und Verkehrsdienstleistungen.
Die technischen Standards basieren auf der EN 301 549, einer europaweit harmonisierten Norm für digitale Barrierefreiheit.
Geltungsbereich
Der EAA gilt in allen 27 EU-Mitgliedstaaten und betrifft auch Unternehmen, die außerhalb der EU ansässig sind, jedoch ihre Produkte oder Dienstleistungen auf dem europäischen Markt anbieten. Länder außerhalb der EU, wie die Schweiz oder das Vereinigte Königreich, haben eigene gesetzliche Regelungen, die der EU-Norm ähneln.
Beispiele: Digitale Barrierefreiheit in der Praxis
Digitale Barrierefreiheit lässt sich an verschiedenen praktischen Beispielen verdeutlichen. Ein barrierefreier Online-Shop zeichnet sich durch gut sichtbare und leicht bedienbare Elemente aus, die Nutzer mit unterschiedlichen Einschränkungen unterstützen. Dazu gehören unter anderem Alternativtexte für Bilder, die es sehbehinderten Menschen ermöglichen, die Inhalte über Screenreader zu erfassen, sowie eine Navigation, die vollständig mit der Tastatur bedient werden kann. Diese Maßnahmen sorgen dafür, dass sich alle Kunden unabhängig von ihren individuellen Bedürfnissen wohlfühlen. Das Ergebnis ist nicht nur eine verbesserte Nutzererfahrung, sondern auch eine gesteigerte Conversion-Rate, da der Shop für eine breitere Zielgruppe zugänglich ist.
Ein weiteres Beispiel sind audiovisuelle Inhalte, die durch Untertitel barrierefrei gestaltet werden. Diese Untertitel sind nicht nur für gehörlose Menschen essenziell, sondern auch für Nutzer, die sich in einer lauten Umgebung befinden oder Inhalte in einer Fremdsprache konsumieren. So profitieren auch Personen ohne Einschränkungen von den barrierefreien Lösungen, was den Komfort für alle erhöht und die Reichweite der Inhalte erweitert.
Vorteile für Unternehmen
1. Reichweite erhöhen
Barrierefreie Angebote erreichen:
-
- Menschen mit Behinderung.
- Die wachsende Zielgruppe der Generation 50plus.
- Nutzer mit temporären oder situationsbedingten Einschränkungen.
2. Gesetzeskonformität sichern
-
- Mit dem Inkrafttreten des EAA ab 2025 vermeiden Unternehmen rechtliche Risiken und hohe Nachrüstkosten, indem sie frühzeitig barrierefreie Standards umsetzen.
3. Wettbewerbsvorteil schaffen
-
- Barrierefreiheit ist ein Zeichen für Innovation und Kundenorientierung. Unternehmen, die dieses Thema vorantreiben, können sich positiv von ihren Mitbewerbern abheben.
4. CSR-Maßnahmen stärken
-
- Barrierefreiheit lässt sich als Teil der Corporate Social Responsibility (CSR) öffentlichkeitswirksam kommunizieren. Dies stärkt die Reputation und signalisiert gesellschaftliche Verantwortung.
Umsetzung: So wird digitale Barrierefreiheit Realität
Die Umsetzung digitaler Barrierefreiheit erfordert eine klare Strategie und die Einhaltung bewährter technischer Standards. Als technische Grundlage dienen die WCAG 2.1 (Web Content Accessibility Guidelines), die international anerkannte Richtlinien zur barrierefreien Gestaltung digitaler Inhalte bieten. Ergänzend dazu gibt die europaweit harmonisierte Norm EN 301 549 spezifische Anforderungen vor, die besonders in der EU relevant sind.
Für die Optimierung von Inhalten ist es wichtig, visuelle und funktionale Aspekte gleichermaßen zu berücksichtigen. Bilder und Grafiken sollten mit Alternativtexten (Alt-Tags) versehen werden, um sie auch für Nutzer zugänglich zu machen, die Screenreader verwenden. Inhalte sollten zudem klar strukturiert sein – durch den Einsatz von Überschriften, Absätzen und Listen – damit sie leicht erfassbar sind. Audiovisuelle Inhalte wie Videos profitieren von Untertiteln und Transkriptionen, die sowohl Menschen mit Hörbehinderungen als auch Nutzern in lauten Umgebungen zugutekommen.
Eine frühzeitige Planung ist entscheidend, um Barrierefreiheit effizient umzusetzen. Idealerweise wird sie bereits in der Konzeptionsphase berücksichtigt und in bestehende Design-Systeme und Styleguides integriert. So lassen sich spätere aufwändige Nacharbeiten vermeiden, und barrierefreie Lösungen können von Anfang an nahtlos implementiert werden.
Auch die regelmäßige Überprüfung spielt eine zentrale Rolle. Usability-Tests mit Menschen, die Hilfsmittel wie Screenreader oder spezielle Eingabegeräte nutzen, liefern wertvolle Einblicke und helfen, Schwachstellen zu identifizieren. Zusätzlich können Unternehmen durch Zertifizierungen von unabhängigen Prüfstellen wie dem TÜV SÜD die Konformität ihrer digitalen Angebote mit den geltenden Standards nachweisen und ihre Bemühungen in der Barrierefreiheit offiziell bestätigen lassen.
Durch eine sorgfältige und umfassende Umsetzung von Barrierefreiheit können Unternehmen nicht nur gesetzliche Vorgaben erfüllen, sondern auch eine größere Zielgruppe ansprechen und ihre Nutzererfahrung insgesamt verbessern.
Fazit
Digitale Barrierefreiheit ist kein „Nice-to-have“, sondern eine zwingende Voraussetzung für moderne digitale Angebote. Sie ist nicht nur aus ethischer Sicht wichtig, sondern bietet auch handfeste Vorteile für Unternehmen: eine breitere Zielgruppe, bessere Nutzererfahrung und die Vermeidung rechtlicher Risiken.
Mit dem European Accessibility Act wird Barrierefreiheit ab 2025 in der EU verbindlich. Unternehmen, die bereits heute handeln, können nicht nur rechtlichen Anforderungen gerecht werden, sondern auch Marktchancen frühzeitig nutzen und sich als Vorreiter positionieren.
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