Du sitzt an deinem Schreibtisch, die Dezember-Sonne kämpft sich mühsam durchs Bürofenster. Die Stimmung ist leicht, Plätzchen liegen auf dem Pausenraumtisch, der Chef wirkt freundlicher als sonst – es ist Weihnachtszeit. Und dann: Der Blick aufs Konto. Dein Gehalt ist da. Aber irgendwas fehlt. Kein Extra. Kein Bonus. Kein Weihnachtsgeld.
Du erinnerst dich: Letztes Jahr gab’s doch was. Nicht die Welt, aber genug für ein paar Geschenke und den Kurztrip über Silvester. Dieses Jahr? Nichts. Keine Info, keine Mail, einfach: leer. Und plötzlich fragst du dich – darf der Chef das überhaupt? Hättest du nicht Anspruch gehabt? Oder war das alles nur nett gemeint und nie zugesichert?
Weihnachtsgeld ist so ein Ding, über das selten offen gesprochen wird – obwohl es Jahr für Jahr für Zündstoff sorgt. Denn: Der eine kriegt’s, die andere nicht. Mal steht’s im Vertrag, mal hängt’s vom Wohlwollen ab. Und mal hast du Anspruch – ohne es zu wissen. Oder eben keinen, obwohl du damit gerechnet hast.
In diesem Artikel findest du raus, ob du wirklich Anspruch auf Weihnachtsgeld hast, was du tun kannst, wenn es ausbleibt – und wie du dich in Zukunft so absicherst, dass du im Dezember nicht leer ausgehst.
1. Gesetzliche Grundlagen: Kein Gesetz – aber klare Regeln
Grundsätzlich gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf Weihnachtsgeld. Arbeitgeber zahlen freiwillig – oder weil:
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es im Tarifvertrag,
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in einer Betriebsvereinbarung oder
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deinem Arbeitsvertrag steht.
Wenn keines davon vorliegt – steht dir rechtlich erstmal nichts zu. Allerdings greift:
Betriebliche Übung
Wenn dein Arbeitgeber mindestens 3 Jahre hintereinander Weihnachtsgeld ohne ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt zahlt, kannst du dich grundsätzlich auf einen Anspruch (= sogenannte betriebliche Übung) berufen.
Gleichbehandlungsprinzip
Wenn in deinem Unternehmen alle Mitarbeitenden Weihnachtsgeld bekommen, du aber plötzlich ausgeschlossen wirst – musst du sachlich begründete Ungleichbehandlung fürchten.
2. Wer bekommt wann Weihnachtsgeld? – Praxis-Check
Mit Tarifvertrag
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Rund 77 % der Tarifbeschäftigten erhalten Weihnachtsgeld
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Die durchschnittliche Höhe: laut Statistischem Bundesamt ca. 2.809 € brutto (Stand 2023) – beachtlich höher z. B. in Erdöl- oder Rundfunkbranche
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Tarifverträge regeln oft Höhe, Bemessung (z. B. Prozentsatz des Gehalts) und Bedingungen – wie Betriebszugehörigkeit oder Stichtag
Ohne Tarifbindung
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Nur etwa 41–52 % der Mitarbeitenden erhalten freiwillig Weihnachtsgeld in tariffreien Betrieben
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Betrag variiert stark – oft nur ein symbolisches Geschenk oder Orientierung am Monatsgehalt (50–100 %)
Wichtig: Rückzahlungen & Verlust bei Kündigung
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Stichtagsregelung möglich: z. B. nur +1/2 Dez. Anspruch, wenn das Arbeitsverhältnis zum Stichtag (z. B. 30.11.) noch besteht
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Rückzahlungsklauseln (z. B. bei Wechsel innerhalb 12 Monaten) sind nur wirksam, wenn klar und im Vertrag geregelt sind
3. Praxis-Szenarien & Tipps – Falls dein Weihnachtsgeld ausfällt
Szenario A: Weihnachtsgeld fehlt – dein Vertrag schweigt sich aus
🔍 Was tun?
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Frag HR nach der Weihnachtsgeldpolitik – oft ist sie dokumentiert und du bekommst direkte Auskunft.
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Lass dir langfristige Entwicklung rückwirkend aufzeigen: Haben Kolleg:innen in deinem Team in den letzten Jahren regelmäßig Geld bekommen? Das spricht für “betriebliche Übung”.
Szenario B: Vertrag sagt „freiwillig“ – trotzdem jedes Jahr gezahlt
🔍 Was tun?
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Schreib eine formale Mail: „Bitte um Erklärung, ob auch dieses Jahr eine Zahlung erfolgt.“
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Wenn du seit mind. drei Jahren ohne Vorbehalt Geld bekommen hast, könnte ein Anspruch bestehen.
Szenario C: Du wechselst kurzfristig – Weihnachtsgeld trotzdem?
🔍 Was tun?
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Lese deinen Arbeitsvertrag! Wenn eine Rückzahlungsklausel drin ist, prüfe deren Wirksamkeit.
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Einen Anteilanspruch kannst du u. U. auch nach Ausscheiden einklagen, abhängig vom Zweck der Zahlung.
Szenario D: Arbeitgeber kürzt Weihnachtsgeld wegen Krankheit, Elternzeit etc.
🔍 Was tun?
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Prüfe, ob eine Tarifbindung dir Schutz bietet – viele Tarifverträge garantieren sogar volle Zahlung während Langzeiterkrankungen
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Bei Gratifikationscharakter (z. B. Loyalität) sind Kürzungen oft rechtlich unzulässig
4. Was du konkret tun kannst: Schritt-für-Schritt-Plan
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Arbeitsvertrag prüfen – hat es eine Passage zum Weihnachtsgeld?
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Bei HR nachfragen – wird es in diesem Jahr gezahlt? Warum ja/nein?
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Historie checken – 3 Jahre oder länger gezahlt? Dann kann Anspruch bestehen.
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Mail-Dokumentation – Frag schriftlich nach, informell reicht selten.
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Rücksprache bei Kürzung – bei Krankheit/Kündigung ggf. Anspruch prüfen lassen.
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Betriebsrat oder rechtlichen Rat aufnehmen, wenn du abweichend nicht fair behandelt wirst.
5. Vorteile & Grenzen: Was das Wissen bringt (auch für künftige Jobs)
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👉 Motivation & Planungssicherheit: Du weißt, woran du bist.
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👉 Verhandlungsmacht im Bewerbungsgespräch: Tarifvertrag oder Weihnachtsgeld sind starke Argumente.
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👉 Langfristige Finanzen: 0,5 % oder sogar 4 % deines Jahresgehalts – das summiert sich.
Aber: Wenn dein Betrieb effektiv nicht zahlt, ist ein Kündigungsschreiben wegen Weihnachtsgeld kein guter Move. Das Arbeitsrecht schützt, aber es ersetzt keine gute Vorbereitung und Kommunikation.
Fazit
1. Weihnachtsgeld kann ein echtes Asset sein – kein Bonus ohne Recht
Klar: Es ist keine gesetzliche Leistung. Aber wenn dein Arbeitsvertrag, ein Tarifvertrag oder eine betriebliche Übung vorliegen – dann ist es dein Recht. Lass dich nicht abschrecken, wenn du es nicht schriftlich bekommst – aber du kannst oft argumentieren.
2. Wer fragt, gewinnt – gute Kommunikation hilft
Frag HR rechtzeitig, dokumentiere deine Anfragen. Wenn du drei Jahre erfolgreich gezahlt bekommen hast, beginnt deine Ansprüche. Wenn nicht – debattiere höflich und klug – und bleib dabei bestenfalls „in-community“.
3. Kenne die Grenzen – aber nutze sie, wenn du kannst
Häufige Kürzungsgründe (Kündigung, Elternzeit, Krankheit) sind nicht automatisch wirksam. Du kannst selbst dann Ansprüche haben – z. B. anteilig bei Kündigung oder bei Krankheit – falls kein Tarifzweck dem entgegensteht. Prüfe, dokumentiere, spreche – und handle proaktiv.
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